Dienstag, November 14, 2006

Traumland Kappadokien


Vielleicht bist du diesem Wort schon in der Bibel begegnet, dort wahrscheinlich als „Kappadozien“.
Da ist aber eine große Provinz des Römischen Reiches gemeint. So schreibt ein Geograph, der zur Zeit des Kaisers Augustus lebte:
Kappadokien wird vom Taurusgebirge im Süden, von Aksaray im Westen, von Malatya im Osten und von der Schwarzmeerküste im Norden begrenzt.
Heute ist der Begriff eine touristische Bezeichnung für eine viel kleinere, aber ganz außergewöhnliche Landschaft
zwischen Kayseri im Osten, Aksaray im Westen, Haçıbektaş im Norden und Niğde im Süden.
Seit etwa 15 Jahren bereise ich die Türkei aber erst Mitte der neunziger Jahre kam ich das erste Mal nach Kappadokien.
Es war ein Tipp eines guten Freundes dazu nötig, denn ich dachte damals, dass dieses bekannte Gebiet zu touristisch wäre.
Vielleicht zum Glück, so habe ich die Schwarzmeerküste, die mich mit ihren Bergen und Alpen oft an meine österreichische Heimat erinnerte, die georgischen Täler mit manchmal wunderschönen und fast unbesuchten Kirchen, den Berg Ararat und traumhafte Gegenden im Osten gesehen, bevor ich in Kappadokien hängen geblieben bin.
Nur die ersten Tage haben mein Vorurteil bestätigt. Wie die meisten nahm ich ein Bus nach Göreme, dem bekanntesten Ort der Region.
Göreme ist nicht zu unrecht so beliebt, es liegt im Herzen einer der großartigsten Landschaften der Türkei und hat eine perfekte Infrastruktur für denjenigen, der in wenigen Tagen möglichst viel sehen möchte.
Das Göreme Freilichtmuseum mit einigen der schönsten Höhlenkirchen der Region ist nur ein Spaziergang vom Dorf entfernt, es gibt eine ganze Anzahl von originellen Pensionen und ein Fortbewegungsmittel auszuleihen oder organisierte Ausflüge zu buchen ist kein Problem.
Das hast du auch nicht mit der Sprache, jedenfalls wenn du Englisch oder Deutsch sprichst.
Schade für mich – kaum Chancen für einen Gratis - Türkischkurs, den ich sonst im Gespräch mit kommunikativen und netten Leuten oft bekommen habe. Die Mühe etwas Türkisch zu lernen lohnt sich aber trotzdem. Gerade in diesem Land entgeht dir sehr viel, wenn du dich nicht mit einfachen Menschen verständigen kannst und dich nur die Leute im Tourismusgeschäft gut verstehen.
Eine CD, mit der du gut ein wenig Türkisch mit dem PC lernen kannst, ist „Türkisch – Lernen für die Reise“ von Karl-Heinz Scheffler und Multi Lingua Express.
Es gibt inzwischen aber auch andere gute Lernsoftware, mit der man die Sprache noch etwas gründlicher lernen kann. Falls du dazu oder zu etwas anderem eine Frage hast kannst du mir gerne schreiben. Noch besser hast du es wenn du genug Englisch verstehst. Dann kannst du von den sehr guten englischen Sites „Learning Practical Turkish“ (auch auf CD erhältlich) und „LinguaMemory Turkish“ profitieren.
Hätte ich auf meiner ersten Reise in die Türkei vor 30 Jahren schon Göreme gesehen wäre meine Begeisterung für diesen Ort wohl ungetrübt gewesen.
Aber auch heute muss man noch nicht weit gehen, um echtem, unverfälschtem anatolischem Leben zu begegnen.
Die Orte Çavuşin und Ortahisar sind beide nur wenige Kilometer entfernt und noch immer recht ursprünglich und kaum vom Tourismus berührt.
Die Auswahl an interessanten Unterkunftsmöglichkeiten (oft in traditionellen, alten Häusern) ist dort allerdings nicht so groß.
Pensionen mit Atmosphäre gibt es aber auch in Uçhisar und Mustafapaşa oder in den kleinen Städtchen Avanos und Ürgüp.
Nach einigen Besuchen war ich so begeistert von dieser Traumlandschaft und ihren Menschen, dass ich Ende 1997 in Ortahisar ein altes Haus gekauft habe.
Ich bin nicht der erste Ausländer, der sich zu so einer verrückten Sache entschlossen hat und habe es noch nicht bereut.
Obwohl anfangs in einem ziemlich ruinösen Zustand ist es mittlerweile schön und ein echtes Zuhause geworden.
Bei der Restaurierung in dem denkmalgeschützten Teil des Dorfes gab es nie große Schwierigkeiten.
Der Grund dafür waren nette und hilfsbereite Menschen, die mit auf Behörden gegangen sind, Ansuchen geschrieben und in jeder erdenklichen Weise geholfen haben und mir (wie auch manche der Handwerker) echte Freunde geworden sind.
An einigen wenigen Stellen ist durch hunderttausende von Touristen, die Kappadokien jedes Jahr besuchen, leider fast ein kleines „Disney - Land“ entstanden.
Da gibt es breite Asphaltstraßen für die großen Autobusse mit Tagestouristen, ganze Reihen von Ständen mit Andenken und Kitsch und für Erinnerungsfotos sogar Kamele, natürlich auch Hotels mit Swimmingpool und Diskotheken.
Aber das ist Gott sei Dank nicht alles, wenige hundert Meter weiter bist du wieder alleine und kannst durch faszinierende Täler wandern, wo du keinem Pauschaltouristen mehr begegnest und manchmal die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.
Auch die Natur ist noch lebendig und wenn du gerne Vögeln lauschen oder manchmal auch einen Fuchs oder Raubvogel sehen willst bist du z. B. im Balkantal bei Ortahisar richtig.
Am besten erwanderst du die Gegend, langweilig wird dir in dieser bizarren Landschaft nie. Du kannst mehr als 1000 Jahre alte Kirchen in den Felsen entdecken oder originelle Wohnräume für Mensch und Vieh.
Die Menschen hier wohnten früher nicht in Hütten oder Häusern, sondern gruben ihre Wohnungen und Kirchen in die weichen Felsen oder sogar tief in den Erdboden hinein.
Da die Höhlen durch die Natur gut versteckt waren, konnten Christen in diesen abgelegenen Tälern oft ungestört leben und fanden über Jahrhunderte Zuflucht vor Verfolgung.
Viele der Kirchen in Kappadokien sind mit Fresken ausgemalt, manche aber auch nur mit einfachen Verzierungen und Symbolen geschmückt.
Oft reflektieren die ockerfarbenen Bilder die Farben der Landschaft und machen einen überraschend frischen Eindruck, was wohl dem gleichbleibenden Klima in den Räumen, die den oft erheblichen äußeren Temperaturunterschieden kaum ausgesetzt sind, zu verdanken ist.
Die Wohnungen im Tuffgestein sind im Sommer kühl und im Winter angenehm temperiert und viele davon waren noch bis vor nicht allzu langer Zeit bewohnt.
Wenn du Glück hast und zur rechten Zeit dort bist, kannst du immer noch Bauern sehen, die mit Pferd und Pflug winzige, aber fruchtbare Felder bearbeiten oder den Esel als Transportmittel benutzen.
Oder du siehst Frauen noch auf traditionelle Art Brot backen oder Leute bei anderen Tätigkeiten, die bei uns schon in Vergessenheit geraten sind.
Vielleicht Nach- u. Vorteil zugleich ist die Tatsache, dass es in Kappadokien noch (fast) keine für Touristen „aufbereitete“ Wanderwege gibt.
Bei der Menge der landwirtschaftlich genutzten Wege und Pfade und dem Fehlen von Wegweisern oder Markierungen ist man ohne Führer schnell auf einer falschen Spur.
Traditionelle Erwerbsquellen in der Region sind die Landwirtschaft, das Knüpfen von Teppichen und Kelims und teilweise auch die Töpferei (Avanos).
In den 80iger Jahren gewann der Tourismus immer mehr an Bedeutung und ist heute eine wichtige Einnahmequelle.
Viele der durch die vulkanische Erde sehr fruchtbaren Wein- und Obstgärten werden immer noch bebaut, wenn auch meist nur mehr für den eigenen Bedarf.
Eine gute Zeit für einen Besuch ist Frühjahr und Herbst. Schon Anfang März blühen die ersten Obstbäume und im Mai und Juni überraschen Wildblumen in der sonst vielleicht etwas kargen Landschaft den Besucher.
Im Oktober und November verschönern leuchtende Herbstfarben dieses magische Land. Juli und August sind nicht die beste Reisezeit, da es in diesen Monaten tagsüber sehr heiß werden kann.
Da Kappadokien ziemlich hoch liegt (1000 – 1300m) kühlt es aber selbst im Sommer abends ab und zumindest ein guter Schlaf ist dir sicher.
Ich empfinde auch die trockene Hitze nicht so erdrückend wie an der Südküste, wo die Luftfeuchtigkeit viel höher ist.
Im Winter kann es kalt sein und auch ab und zu schneien.
Als ich einmal 3 Wochen im Februar dort war, schaufelte ich sogar Schnee und Kinder ohne Schi und Rodel hatten trotzdem sehr viel Spaß mit selbstgemachtem Wintersportgerät.
Kappadokien unter einer Schneedecke ist ein ganz besonderer Anblick aber nicht unbedingt jedes Jahr zu sehen.
Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge ist gerade 360 mm und die Chancen auf schönes Wetter sind das ganze Jahr gut.
Diese Region hat zu jeder Jahreszeit ihren Reiz und ist immer eine Reise wert.
Seit kurzem gibt es einen Flughafen bei Tuzköyü nicht weit von Nevsehir, derzeit aber nur 2 x wöchentlich einen Flug mit THY von und nach Istanbul.
Persönlich bin ich nicht sehr begeistert von einem Flughafen so nahe einer der einzigartigsten Naturlandschaften dieser Erde.
Zwischen Kayseri (etwa 90 km) und Istanbul gibt es täglich 2 Flüge, die Hauptstadt Ankara ist etwa 4 – 5 Busstunden entfernt. Es gibt auch direkte Nachtbusse zwischen Kappadokien und Istanbul. Die Überlandbusse in der Türkei sind modern und bequem, meist gibt es sogar Tee oder Kaffee während der Fahrt und nach 2 – 3 Stunden an einer Raststätte eine Pause.
Busfahrten, aber auch Inlandflüge sind für unsere (europäische) Verhältnisse sehr preisgünstig.
Meist noch billiger ist der langsamere und weniger komfortable Zug. Die nächsten größeren Bahnhöfe sind Kayseri und Niğde.
In die Türkei selbst kommt man am besten mit dem Flugzeug, obwohl es auch mit Zug oder Bus möglich ist. In diesem Fall sollte dich aber nicht nur das Ziel interessieren.
Eine schöne Alternative bei genügend Zeit (von der man auch etwas für die Reise mit dem Bus oder Zug braucht) ist eine Fährüberfahrt von Italien.
Es gibt auch einen Autoreisezug von Villach nach Edirne.
Bis vor einigen Jahren flog ich meist mit Onur oder Alpha Air. Die Angebote dieser türkischen Chartergesellschaften waren meist das beste was ich finden konnte und fast in jedem türkischen Reisebüro zu buchen.
Eine gute Adresse für solche, die einen günstigen Flug wollen, kurzfristig planen können (höchstens 2 Wochen vor Abflug buchbar) und denen 14 Tage genügen ist http://www.l-tour.de/.
Ein Angebot für Kappadokien sucht man hier aber umsonst und einTag (oder eine Nacht) im Bus von Antalya, Bodrum oder Dalaman (Touristenzentren an der Küste) nach Kappadokien steht dir noch bevor.
Aber Reisen mit dem Bus ist in der Türkei nicht unangenehm, jedenfalls seit das Rauchverbot eingeführt wurde. Daran hält sich bis auf manche Fahrer, die meinen, dass bei ihrer schweren und verantwortungsvollen Tätigkeit ihnen ab und zu eine Zigarette zusteht, auch absolut jeder.
Ich finde das schon recht bemerkenswert in einem Land, wo sehr viele der Männer starke Raucher sind. So ist also trotz der guten Aussicht ein Platz ganz vorne nicht immer der Beste.
Direkt nach Kappadokien kann man mit den Busgesellschaften Nevtur, Metro und Kent kommen. Einen guten Service im Bus bieten Kent und Metro, mit der einheimischen Gesellschaft ist man oft aber trotzdem besser beraten, da sie in Nevşehir einen Servicebus bereitstehen hat, der z.B. Uçhisar, Ortahisar und Ürgüp anfährt.
Bei Ortahisar scheint es aber vom Wohlwollen des Fahrers abzuhängen, ob er dich ins Dorf hineinbringt oder am Ortsrand auf der Straße nach Ürgüp absetzt.
Für mich hat das schon mehr als 1 x bedeutet die letzten 2 km zu Fuß zurückzulegen (was mir ohne Gepäck in dieser Traumlandschaft sonst nichts ausmachen würde).
Für mich und sicher auch andere Türkeireisende sind manche Extreme in diesem Land nicht leicht einzuordnen.
Da ist gleich nach Ankunft am Flughafen der Taxifahrer, wo aus irgendwelchem Grund der Fahrpreisanzeiger gerade nicht funktioniert und der gerne das 5- bis 10fache des normalen Fahrpreises möchte. Ich denke, dass er es auch manchmal bekommt und dabei überhaupt kein schlechtes Gewissen hat. Eine völlig falsche Auskunft (z. B. es fährt kein Bus) bekommt man des Geschäftes wegen leider oft. Obwohl es sicher viele ehrliche Taxifahrer gibt, scheint sich eine Sorte auf Touristen spezialisiert zu haben.
Auf der anderen Seite habe ich in Europa noch kaum solche Hilfsbereitschaft und manchmal wohl auch selbstlose Freundlichkeit erlebt.
Die Chancen, diese Dinge zu erleben (und die gleichen die negativen Erlebnisse mehr als aus!) sind im weniger besuchten Landesinneren größer als in Bodrum ,Marmaris oder Antalya.
Aber damit bin ich vom Thema etwas abgekommen. Sollten dich aber Reisebeobachtungen und -erfahrungen interessieren, die jeder machen kann und total gut (aber Englisch) geschrieben sind, klicke bitte hier.
Eine andere besuchenswerte englischsprachige Homepage gibt es von Peter Kennett.
Da siehst du, dass neben der unmittelbaren Umgebung von Göreme und Ürgüp die Region noch andere großartige Landschaften hat, wie die İhlaraschlucht bei Aksaray.
Außerdem findest du hier gute Links und interessante Infos über Kappadokien.
Die meisten Menschen in Kappadokien (das gilt aber auch für die anderen ländlichen Gegenden der Türkei) haben immer noch sehr viel Zeit – auch für andere.
Ihr einfaches, bescheidenes Leben und ihre Gastfreundschaft beeindrucken mich immer wieder. Wenn ich in dieser Traumlandschaft unterwegs bin, die in dieser Art wohl zu den ganz seltenen unserer Erde zählt, spüre ich immer große Dankbarkeit und Ehrfurcht vor dem Gott, der Himmel und Erde gemacht hat. Da kann ich nur mit David, dem israelitischen König, diesen wunderbaren Schöpfer loben und sagen:


Lobe den HERRN, meine Seele,
und alles, was in mir ist,
seinen heiligen Namen.
Lobe den HERRN meine Seele,
Und vergiss nicht,
was er dir Gutes getan.
Der dir alle deine Sünden vergibt
Und alle deine Gebrechen heilt;
Der dein Leben vom Verderben erlöst,
der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit.
(aus Psalm 103)

Denn du hast mich erfreut, o HERR,
durch dein Tun,
und ich rühme die Werke deiner Hände:
HERR, wie sind deine Werke so groß,
deine Gedanken so tief.
Ein unvernünftiger Mensch erkennt das nicht,
und ein Tor beachtet es nicht.
(aus Psalm 92)

Keine Kommentare: