Samstag, Dezember 09, 2006

13. März bis 7. April 2005




































































Gleich nach meiner Rückkehr nach Österreich hatte ich den Hinflug für den 2. März gebucht in der Hoffnung, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt durch Überstunden mir eine Woche „Zusatzurlaub“ erarbeitet habe. Leider war dieser Traum kurz und durch eine Dienstplanänderung schon am 12. Dezember ausgeträumt und so ging es Mitte März wieder in die Türkei.
Bei all den Veränderungen bei den ÖBB die letzten Jahre (ich habe übrigens Verständnis dafür) trifft mich mehr als 1 Woche weniger Urlaub und kaum eine Möglichkeit mehr mit Überstunden zusätzliche Urlaubstage zu erarbeiten sehr persönlich. Wenn ich in Zukunft weiterhin 3 – 4 x im Jahr in die Türkei will werden meine Aufenthalte leider kürzer sein müssen, selbst wenn ich weiterhin einen Monat unbezahlten Karenzurlaub bekommen sollte.
Ich war froh, dass ich auch für den 13. März einen supergünstigen Flug mit Germanwings bekam. Mit dieser Fluggesellschaft fliege ich seit einigen Jahren fast immer und habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Eine davon bei unserem Rückflug 3 Wochen später.
Olga, meine 80-jährige Reisebegleiterin traf eine gute halbe Stunde vor der Abflugszeit (die auch diesmal eingehalten wurde) nach einer fast abenteuerlichen Anreise (sie ist in Antalya mit ihrem einheimischen Begleiter in den falschen Bus gestiegen!) mit Bus, LKW und Taxi aus Antalya am Flughafen ein. Nervös war dabei nur ich, für die Leute von Germanwings am Istanbuler Flughafen war das noch kein Grund ihre Fassung und Freundlichkeit zu verlieren.
Aber auch Olga schien nicht besonders beunruhigt. Wir reisten von Dornbirn bis Istanbul gemeinsam, dort wurde sie abgeholt und wieder hingebracht. Es ist schon was Besonderes wenn man mit 80 noch so reisefit ist wie diese Bregenzerwälderin.
Ich hatte übrigens wie so oft einige Kilo mehr dabei als die bei Germanwings erlaubten 20 kg. Diesmal war ein Sattel für Toprak hauptsächlich dafür verantwortlich und es gab keine Probleme weil Olga mit relativ leichtem Gepäck reiste. Aber auch bei echtem Übergepäck war diese Fluggesellschaft bis zu 3 – 4 kg bisher immer großzügig und verzichtete auf eine Bezahlung.
Die beiden Fotos oben und dieses rechts habe ich in Mugla gemacht. Mugla ist eine moderne und traditionelle Kleinstadt zugleich und ist auch deshalb besonders interessant und reizvoll. Es gibt dort einen wunderschönen großen Markt wo man gut und günstig einkaufen kann und auch den Stein mit dieser interessanten Aufschrift steht dort in einem kleinen Park. Den türkischen Text könnte man vielleicht so übersetzen:
Das hier ist der Platz der Grenzenlosigkeit (oder der grenzenlosen Freiheit). Wenn du denkst und etwas zu sagen hast und dein Herz (Mut) ausreicht, schweige nicht, sprich
Wie schön wäre es wenn es in diesem großen und wunderbaren Land ein wenig mehr „Grenzenlosigkeit“ und Freiheit geben würde! Aber die Freiheit von der dieser Stein spricht ist bis heute in der Türkei leider nur ein Traum.
Zu einem echt guten und supergünstigen Reitsattel bin ich durch meinen Freund Peter gekommen der regelmäßig Flohmärkte besucht. Als er einen Sattel entdeckte von dem er glaubte, dass er meinem Pferd passen könnte und der dazu zu einem fast unglaublich niedrigen Preis zu haben war verständigte er mich und wir gingen gleich am nächsten Sonntag zusammen hin.
Gute Reitsättel sind in der Türkei (oder zumindest in Kappadokien) noch Mangelware. So blieb mir gar keine andere Wahl als ein Sattel (ohne Probe) zu importieren. Aber um diesen Preis konnte ich kaum einen großen Fehler machen. Natürlich war ich mehr als froh, als der Sattel Toprak dann auch wirklich gut passte (soweit ich das beurteilen kann).
Ob sich mein Pferd unter einem an Ort und Stelle ausgemessenen und ausgetesteten Sattel für 1000 oder 2000 Euro (diese Preise sind für einen guten neuen Sattel bei uns wohl normal, nach oben hin scheint es ohnehin kaum Grenzen zu geben!) wesentlich anders fühlen würde weiß ich nicht sicher, aber ich kann es mir kaum vorstellen. Jedenfalls kann ich kein Anzeichen für eine Druckstelle oder Unbehagen bei Toprak erkennen.
Auf dem Busbahnhof in Harem trennten sich die Wege von Olga und mir, sie hatte noch eine Reise nach Antalya vor sich und ich wollte nach Kappadokien – mit einem Umweg über Mugla im Südwesten. Vielleicht war es die Jahreszeit oder wir hatten die Möglichkeiten mit den verschiedenen Busgesellschaften nicht sorgfältig genug geprüft, wir mussten diesmal bis 6 bzw. 7 Uhr auf einen Bus warten (Tee trinken!).
Das Wetter war kühl und regnerisch und ich freute mich auf Mugla weiter im Süden wo ich noch Freunde besuchen wollte.
Die meisten würden sagen, dass Mitte März auch nicht die beste Zeit ist um Kappadokien zu besuchen. Und ganz so unrecht hat man mit dieser Meinung nicht, 3 bis 4 Wochen später ist es von den Temperaturen her doch um einiges angenehmer.
Nach meiner Erfahrung wird es meist um Mitte April schön warm. Im März können die Nächte noch sehr kalt sein und auch die Obstbäume blühen hoffentlich (wegen Frostgefahr) noch nicht.
Allerdings schaffe ich es oft nicht so lange zu warten und mein erster Besuch ist vor der idealsten Zeit.
Seit ich die Obstgärten habe ist meist noch Arbeit vom Herbst übrig und um Pferdemist in die Gärten zu bringen oder Holz aufzuarbeiten und andere kleine Arbeiten ist der März mehr als okay.
Auch die Pferde scheinen den beginnenden Frühling und unsere gemeinsamen Ausflüge mit fast täglich mehr grün und besserem Fressen zu genießen.
Und ich entdecke bei meinen Spaziergängen und Wanderungen auch in der unmittelbaren Umgebung immer wieder neue und faszinierende Dinge wie originelle Malereien als Verzierung von Taubenschlägen oder Überbleibsel von altem Imkerhandwerk oder andere Relikte aus vergangener Zeit.
Neben der Freude auf das Wiedersehen mit (menschlichen) Freunden freute ich mich auch auf die Tiere im Stall von denen leider nur Garip und Toprak übriggeblieben waren. Silly und die Hühner gab es nicht mehr. Allerdings völlig überrascht war ich nicht – es hätte mich schon fast ein wenig gewundert wenn Hund und auch alle 10 Hühner noch da gewesen wären.
Silly soll eines Tages am Abend nicht mehr nach Hause gekommen sein, vielleicht von Gemeindebediensteten bei einer „Hunderazzia“ eingesammelt (angeblich soll man von Zeit zu Zeit streunende Hunde einfangen und irgendwo hin bringen, wohin genau sagte man mir nicht).
Es gibt noch andere Möglichkeiten für das Verschwinden eines Hundes aber eines ist klar, wegen einem Hund stellt man hier keine unangenehmen Fragen und macht kein Theater. Schon am nächsten Tag soll übrigens ein Marder bemerkt haben dass Silly nicht mehr als „Aufpasser“ im Stall ist und ein paar Hühnern das Leben gekostet haben. Die Übriggebliebenen wurden der Einfachheit halber sofort „notgeschlachtet“. Das ist jedenfalls die Geschichte die man mir erzählte.
Die Winterszeit hatte ich übrigens nicht nur für einen Sattelkauf genutzt, ich hab mich auch eifrig durch Bücher über Pferde etwas schlauer gemacht. Dass ich hier wirklich ein Menge nachholen und so schnell wie möglich viel lernen musste war keine Frage bei meinem jungen Hengst.
Bei Garip war das nicht so offensichtlich, wahrscheinlich weil mein Maultier wirklich ein außergewöhnliches Tier – oder/und sehr gut erzogen wurde (nicht von mir!).
Beißen oder Treten war nie und in keiner Situation ein Thema und alles was ich von Garip wirklich wollte macht(e) er einfach prima.
Er (oder sie) steht völlig still beim Striegeln, Satteln und Be- und abladen (sind das die rechten Ausdrücke?) und erst wenn ich ihn am Führstrick nehme und kurz daran ziehe oder/und leicht mit der Zunge schnalze geht Garip los.
Meine Maultierdame hat schon einige Zuseher ins Staunen gebracht, wenn ich schnell in ein Geschäft ging und mein Muli brav und manchmal unangebunden davor auf mich wartete, so als ob es das selbstverständlichste wäre auf einen Freund zu warten der schnell was zu erledigen hat....
Das einzige was nicht ganz so super ist, das er ab und zu auch mal ein wenig stur sein kann. Aber das erwartet man ja schon fast von einem Muli und außerdem ist dieses Problem mit ein wenig Haus- oder Pferdeverstand zu lösen.
Dass ich bei einem Kräftemessen den kürzeren ziehen würde ist klar und Schlagen könnte ich meinen Freund sowieso nicht.
Solche Momente wo Garip nicht mag sind auch wirklich selten. Trotzdem kommt es mal vor dass mein Maultier und ich verschiedene Meinungen z. B. über einen geeigneten Weg haben und Garip sich zuerst mal weigert etwa eine bestimmte Gasse zu betreten. Fast immer braucht mein Freund nur kurze Zeit (manchmal eine Minute oder zwei) um sich die Sache doch anders zu überlegen und wir sind wieder der gleichen Meinung.
In diesem seltenen Fall bin ich auch immer noch sturer als mein Maultier, denn ich denke wenn ich hier nicht konsequent wäre und ihm seinen Willen ließe hätte das Folgen und mit der Zeit würden ihm meine Ideen wohl immer öfter „missfallen“.
Meist braucht es aber nur etwas gutes Zureden und ein wenig Zeit für das Umdenken und Einlenken von Garip.
Bei Toprak meinem jungen Hengst war die Sache nicht ganz so einfach. Da merkte ich bald, dass ich mit meinem „Pferdeverstand“ am Ende war und mir einfach einiges an Wissen über Pferde fehlt. So bin ich also öfters gleich mit 2 oder 3 Büchern über Pferde unterm Arm von der Dornbirner Stadtbibliothek nach Hause und habe auch wirklich eine Menge über die Pferdepsyche gelernt und manches konnte ich jetzt besser verstehen und einordnen.
Für europäische Pferdefreunde ist was ich machte wohl Wahnsinn. Völlig unvorbereitet und ohne irgendwelche Kenntnisse über Pferde kaufte ich einen 5-jährigen Hengst. Ja, ich wusste so viel von Pferden dass für mich auch Stute oder Hengst egal war.
Die Fotos sind von einer sehr schönen Pferderanch einer Französin in Ürgüp, die ich schon letzten Herbst kennen gelernt hatte. Wenn du in Kappadokien bist und reiten möchtest ist das eine gute Adresse!
Ja, ich hatte also einiges durch Bücher über Pferde gelernt über den Winter und das war auch notwendig. Sonst wäre meine Liebe zu Toprak vielleicht doch noch in Ernüchterung und Enttäuschung umgeschlagen.
So lernte ich, dass ein Pferd ein Herdentier ist und jedes Tier innerhalb der Herde einen festen Platz hat. Sobald Pferde zusammenkommen erstellen sie eine Rangordnung, das ist ihnen einfach angeboren. So dominiert ein Pferd alle anderen in der Gruppe und das rangniedrigste Pferd ist den anderen untertan. Die Pferde dazwischen gehorchen nach oben und beherrschen nach unten.
Sicher ist das nicht ganz starr, es auch unter Pferden Freundschaften oder familiäre Beziehungen wo die Rangordnungsregel manchmal gebrochen wird. Aber eine Pferdeherde ist kein ungeordneter Haufen. Jedes Tier hat, wenn es z. B. zur Tränke geht, einen festen Platz in der Reihenfolge.
Wichtig für den Umgang mit Pferden ist auch zu wissen, dass derjenige, der Bewegung und Richtung bestimmt, der Chef ist. So sollte man ein Pferd auffordern zur Seite zu gehen - wenn es nötig ist - und nicht selbst ausweichen. Man darf sich auch nicht drängeln oder am Strick ziehen lassen. So etwas zeigt dem Pferd, dass es der Boss ist und wir bestätigen direkt, dass es sich in der Rangordnung über uns befindet.
Hier machte ich im Herbst eine ganze Menge Fehler einfach weil ich es nicht besser wusste. Bei meinem schon betagteren Maultier schienen sich all meine eklatanten „Erziehungsfehler“ nicht so sehr auszuwirken aber was Toprak - meinem von Natur aus dominanteren Hengst - betrifft gingen mir beim Lesen von verschiedenen Büchern über die Natur der Pferde die Augen auf.
Jetzt galt es also solch grobe Fehler in der Pferdeerziehung auszubügeln und nicht mehr zu machen. Aber jetzt mal genug zum Thema Pferde für dieses Mal, ich denke ich schreibe im nächsten Bericht dann nochmal ein wenig mehr davon.
Mit Müslüm war ich auch mal mit Pferd und Maultier in Ürgüp, wo wir unter anderem wieder meinen alten Schuster und die Pferdefarm dort besucht haben.
Zwischen Ortahisar und Ürgüp gibt es mehrere wunderschöne Wege die man mit dem Pferd nehmen kann ohne auch nur einmal eine Autostraße zu überqueren.
Und sehr schön war die Gemeinschaft am Sonntag mit amerikanischen Glaubensgeschwistern in Avanos. Das Zusammensein mit Christen war für mich bisher immer etwas, das ich in meinem Traumland sehr vermisst habe. Aber diesmal konnte ich Ostern mit anderen Christen zusammen feiern.
Mit meinen Freund Shige (einem von ihnen) war ich Ende März auch zum ersten Mal in einem islamischen „Hauskreis“, einem Gesprächsabend über Glaubensthemen. Ich wurde von Müslüm mit dem Leiter dieser Gruppe bekannt gemacht und dann eingeladen an einem Abend über meinen Glauben zu reden. Da ich damit überfordert war fragte ich ob ich evtl. einen Freund der wirklich gut Türkisch spricht mitbringen könnte. Das war okay und auch Shige war damit gleich einverstanden.
Es wurde ein langer und interessanter Abend auch wenn es zumindest dem Leiter doch mehr um Diskussion als Information ging.
Jedenfalls hatte ich bisher nicht gewusst, dass es in Ortahisar Leute gibt, die ihre Zeit abends statt im Teehaus mit Gesprächen über Gott verbringen.
Dieses Treffen, das zumindest einmal in der Woche in einer privaten Wohnung stattfindet, soll meist von 10 bis zu 15 Männern besucht werden (bei unserem Besuch waren es aber etwas weniger).
Kurz vor der leider wieder viel zu frühen Abreise kamen noch Kip und Wendy, alte Freunde aus Antalya und die Freude über ein Wiedersehen nach 10 Jahren war wirklich riesengroß.
Kip und Wendy leben schon sehr lange in der Türkei und konnten mir auch in manchem einen guten Raten geben – etwa zum leidigen Thema Geld borgen. Sie blieben dann noch einige Zeit in Ortahisar und ja, es hat ihnen gefallen!

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